1988 wurde die erste Diplom-Studien- und Prüfungsordnung für die Studienrichtung Kleinkindpädagogik an der Freien Universität Berlin erlassen. Eingegliedert ist dieser besondere Schwerpunkt in die Allgemeine Erziehungswissenschaft.
Die Leitung des Instituts für Kleinkindpädagogik unterstand erst dem Gründer Professor Dr. E. Kuno Beller, seit 1993 untersteht sie Professor Dr. Wolfgang Tietze. Der Begriff "Kleinkindpädagogik" ist von der Freien Universität Berlin geprägt worden und umfaßt den Bereich von 0-6jährigen Menschen. Geburtsvorbereitung bzw. Beratung von werdenden Eltern ist genauso Bestandteil wie eine Hilfestellung beim Schuleintritt.

Im Folgenden wird ein exemplarischer Diplomstudienverlauf einer Studentin mit der Studienrichtung Kleinkindpädagogik umrissen:

1. Rahmenbedingungen des Studiums

Sie absolviert eine Regelstudienzeit von neun Semestern.
Diese sind in ein Grund- und Hauptstudium gegliedert.
Das viersemestrige Grundstudium schließt sie mit dem Vordiplom ab, das aus einer vierstündigen Klausur und einer halbstündigen mündlichen Prüfung besteht, während sie das Hauptstudium mit einem eigenständigen Forschungsprojekt oder einer kritischen Literaturanalyse als Diplomarbeit und drei mündlichen Prüfungen `a 45 Minuten beendet.
Ihre Ausbildung ist deutlich wissenschaftsorientiert.
Verpflichtend muß sie im Grundstudium eine zweisemestrige Vorlesung über Empirie/Statistik absolvieren, die mit 2 Klausuren abgeschlossen wird. Im Hauptstudium muß sie an mindestens einem Seminar ueber Methodenlehre teilnehmen.
Ein Bezug zur aktuellen Forschung wird durch ihr Institut hergestellt, das durch Projektseminare Studierende in laufende Forschung einbindet. Zur Zeit hat sie die Möglichkeit, an dem Training für die "Kindergarten-Einschätzskala" (KES) und der Erstellung der "Kinderkrippen-Einschätzskala" mitzuwirken.
In der Vergangenheit konnte sie zum Beispiel Einblick in folgende Forschungsprojekte gewinnen:

  • "Das Berliner Modell der Kleinkindpädagogik" oder
  • "Entwicklung der Interaktionsfähigkeit von Kindern".

Internationale Beziehungen des Instituts fuer Kleinkindpädagogik kommen der Studentin zugute. So werden regelmäßig internationale Gastvorträge (aus den USA, Israel, Schweden, Portugal etc.) gehalten. Diese Möglichkeit des internationalen Zugangs wird erweitert durch Exkursionsseminare ins Ausland (zum Beispiel "Früherziehungssysteme in den Niederlanden, "Kongreß- und Praxisbesuche mit Studierenden, DozentInnen und ProfessorInnen aus Berlin, London und Amsterdam).

Durch Lehraufträge, die an außeruniversitäre Fachleute (beispielsweise Jugendamtsleiter, Gesprächstherapeutin und Kitaberaterin) vergeben werden, wird das Lehrangebot nicht nur ergänzt, sondern auch durch Praxisnähe bereichert.

Drei Praktika mit insgesamt 75 Arbeitstagen stellen einen Schwerpunkt im Hauptstudium dar. Durch ein Vorbereitungsseminar und praktikumsbegleitende Kurse kommt den Studierenden eine fachliche Unterstützung zugute, außerdem werden alle Praktika supervidiert. Von der Studentin muß eine Dokumentation und wissenschaftliche Reflexion der Praktika in einem abschließenden Praktikumsbericht festgehalten werden. Durch diese Intensität sollen ein konkreter Praxisbezug gesichert und ein Kontakt zu potentiellen ArbeitgeberInnen hergestellt werden. Mögliche Praktikumsfelder sind solche:

  • in denen Kleinkinder erzogen und betreut werden,
  • in denen (werdende) Eltern und andere Bezugspersonen von Kleinkindern betreut, beraten, aus- und fortgebildet werden,
  • in denen es um Planung, Verwaltung oder Forschung im Bereich der Kleinkindpädagogik geht,
  • in denen Medien für Kleinkinder, Eltern, professionelle Bezugspersonen oder -systeme hergestellt, bearbeitet oder verteilt werden.

2. Studienverlauf

Die Studentin absolviert während ihres Studiums Vorlesungen und Seminare aus den Bereichen:

  1. Allgemeine Erziehungswissenschaft
  2. Studienrichtung Kleinkindpädagogik
  3. Studienspezifisches Wahlpflichtfach
  4. Studienrichtungsübergreifendes Wahlfach
  5. Nebenfach Psychologie
  6. Nebenfach Soziologie

Das Angebot von 2. - 4. soll im Folgenden erläutert werden.

Studienrichtung Kleinkindpädagogik

Diese Studienrichtung teilt sich in zwei Lehrgebiete:
Lehrgebiet 1
"Institutionelle und organisatorische Rahmenbedingungen der Kleinkinderziehung einschließlich der rechtlichen und sozialpolitischen Grundlagen"
Wie der Titel dieses Lehrgebiets bereits aussagt, werden die Makroaspekte von Kleinkinderziehung behandelt. Im Mittelpunkt stehen pädagogische Handlungsfelder (z.B. Familie, Tagespflege, Krippe, Kindergarten), da sie sowohl im Leben von Kleinkindern eine bedeutende Rolle spielen als auch von ihnen selbst gestaltet werden. Die Studentin erlangt innerhalb ihres Studiums nicht nur Kenntnisse ueber Institutionen und Organisationen, sie besucht sie auch, da Praxisnähe und bereits erwähnte Gastvorträge Einfluß nehmen. Sie macht sich vertraut mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). Sie erhält Kenntnisse über Sozialmanagement, lernt Strukturen von Ausbildung, Fortbildung und Beratung in kleinkindpädagogischen Handlungsfeldern und kulturelle, subkulturelle und historische Muster von Kindheit und Familie kennen.
Lehrgebiet 2
"Entwicklung des Kindes, seiner Umwelt, pädagogische Ansätze und Methoden der Kleinkinderziehung"
In diesem Lehrgebiet setzt sich die Studentin mit der Kindesentwicklung auseinander, zum Beispiel in medizinisch-physiologischer Perspektive und in Bezug auf die sprachliche, emotionale und moralische Entwicklung. Sie analysiert Kleinkinder mit besonderen Bedürfnissen und in besonderen Lebenslagen, beispielsweise Kinder im Krankenhaus, behinderte Kinder, Migrantenkinder. Psychologische und soziologische Ansätze und Theorien fließen in diesen Bereich ein. Sie macht sich mit Beziehungen und Bindungen von Erziehungs- und Betreuungspersonen zu Kindern vertraut. Studienbestandteil ist auch die gegenwärtige Diskussion über Qualität von Umweltfaktoren beim Aufwachsen von Kindern. In diesem Zusammenhang untersucht die Studentin Gestaltungsmöglichkeiten von Lebensräumen, Kulturangeboten und Medien für Kinder. Sie setzt sich mit pädagogischen Konzepten und Curricula, wie beispielsweise Montessori und dem Situationsansatz auseinander. Im gesamten Studium beschäftigt sie sich sowohl mit historischen Aspekten der Kleinkindpädagogik und ihren Klassikern, als auch mit modernen Bedingungen und Entwicklungen.

Studienspezifisches Wahlpflichtfach

Im Hauptstudium entscheidet sich die Studentin in der Studienrichtung Kleinkindpädagogik zwischen zwei Wahlpflichtfächern:

  • Arbeit mit familialen und außerfamilialen Bezugspersonen und Systemen oder
  • Pädagogische Diagnostik und Förderung im frühen Kindesalter.
Hier vertieft die Studentin individuell gewählte Themenstellungen und absolviert ihre Praktikumszeit in den entsprechenden Tätigkeitsfeldern.

Studienübergreifendes Wahlfach

Die Studentin muß im Hauptstudium ein Wahlfach belegen, dabei hat sie Auswahl aus folgenden Bereichen:

  • Historische/Pädagogische Anthropologie
  • Interkulturelle Erziehung und Entwicklungsarbeit
  • Unterricht, Medien Kommunikation
  • Frauenstudien und Frauenforschung
  • Integrationspaedagogik.